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FAZ-Artikel

Frankfurter Allgemeine, Neuseeland

„Verspielt, verzecht, verhurt“

Vor 150 Jahren brach im Westen der Südinsel Neuseelands ein Goldrausch aus

Erschienen in Frankfurter Allgemeine Zeitung/FAZ, Reiseblatt, 31. Dezember 2014

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Leseprobe

„… Im Hinterland nahmen Veteranen der bereits ausgepressten Goldfelder Australiens die Erschließung der Claims in die Hand. Das unwirtliche Klima mit 170 Regentagen im Jahr und die Strapazen des Busch-Lebens forderten ihren Tribut. Da der Nachschub nur spärlich in die entlegenen Camps gelangte, machten sich manche die Vogelfangkünste der Maoris zu Eigen. Das Diktat der knurrenden Mägen resultierte in einer kulinarischen Offenheit oder gar Anspruchslosigkeit, die 150 Jahre später in der Liebe zu Whitebaits, winzigen silbrigen Fischen, ebenso ihren Niederschlag findet wie im Hokitika Wildfood Festival, bei dem Insekten, Seevögel und weitere regionale Spezialitäten den Mut und die Geschmacksknospen unerschrockener Besucher gleichermaßen herausfordern. …“

„… Hunderte Jahre vor der Invasion der europäischen Goldsucher förderten die Westküsten-Maoris aus den Flüssen kostbare Nephrit-Jade zutage. Der Pounamu oder Greenstone gilt bei den Ureinwohnern Neuseelands bis heute als Taonga, als Schatz von enormer spiritueller Bedeutung. Zu Kriegskeulen, Werkzeugen und Schmuckstücken verarbeitet fand das extrem harte Gestein einst in ganz Neuseeland reißenden Absatz. Heute stehen Pounamu-Anhänger mit traditionellen Motiven in der Souvenirindustrie hoch im Kurs. Hier fischt ein stilisierter Angelhaken nach Kundschaft, dort entrollt sich ein Farnschößling aus grün gesprenkelter Nephrit-Jade. Seit die Regierung in Wellington die Besitzrechte an allem an der Oberfläche gefundenen Pounamu an den Stamm der Ngai Tahu zurückerstattete, sind Fundstätten wie der Arahura River tabu für alle anderen Jäger des „grünen Goldes“. Eine Ausnahme gibt es aber: Wer den Strand entlang geht und einen Brocken Pounamu findet, darf ihn mit nach Hause nehmen. …“