Wien kann auch Winter!
it reichlich Schnee ist Wien schon seit Mitte des vorigen Jahrhunderts nur mehr alle heiligen Zeiten gesegnet. Doch wenn einmal Frau Holle ihre Betten am Ostrand der Alpen ordentlich ausschüttelt, dann zeigt sich, dass die Wiener und Wienerinnen auch Winter nicht verlernt haben!
Rodelspaß im Süden der Stadt
Etwa auf der Perchtoldsorfer Heide, die sich Mitte Jänner nach einem nächtlichen Schneetreiben in eine Winterwunderlandschaft verwandelt hat. Schon am Vormittag hebt ein Treiben an wie in einem der berühmten Winter-Wimmelbilder von Peter Bruegel. Mehrsitzige Familien-Rodeln, schnittige Rennböcke, Bobs und Plastikteller werden in Stellung gebracht, um die sanft abfallenden Hügel hinab zu sausen. Ein kollektives Jauchzen liegt in der Luft, lachende Gesichter, wohin man blickt! Durchs Bild gleiten Skitourengeher und Langläufer – selten genug haben sie die Gelegenheit, die „Giganten“ der Föhrenberge auf zwei Brettln niederzuringen! Und auch der eine oder andere Mountainbiker lässt es sich nicht nehmen, sein Gefährt auf Wintertauglichkeit zu testen.
Winterwandern mit Muße und Teepause
Was die Welt außerhalb von Homeoffice an Wundern bereithält, erleben auch jene, die „nur“ zum Wandern auf die Heide gekommen sind. Die weiße Auflage knirscht unter den Stiefeln, klare, reine Luft füllt die Lungen. Genügend Abstand zu den übrigen Spaziergängern lässt sich spielend einhalten. Mit einem Becher Tee aus der Thermoskanne wird der Panoramablick auf halb Wien zelebriert, dann münden alle Heidewege in einen verschneiten Märchenwald. Majestätische Buchen stehen auf dem Weg zur Teufelstein-Hütte Spalier. Die Natur liegt ebenso im Tiefschlaf wie das Schutzhaus, das an den östlichen Ausläufern des Wienerwaldes auf wärmere Zeiten wartet. Von der Terrasse schweift der Blick hinab ins Tal, nach Kaltenleutgeben. Jenseits davon liegt die Wiener Hütte – ein weiteres der Winterparadiese, die nach einem „Flockdown“ unbedingt einen Besuch wert sind.
Von Skliften und weiteren Winterkuriosa
Wer weiß heute noch, dass bis vor einigen Jahrzehnten auf dem Hang vor dem beliebten Ausflugsgasthaus ein Mini-Sklift seine Dienste versah und vielen Flachland-Kids zu ihren ersten Schwüngen verhalf? Heute toben sich Rodler auf dem einstigen Skihang aus – und zwar zu Dutzenden! Übrigens nicht das einzige Winterkuriosum in der Bundeshauptstadt. Bis weit in die Nachkriegszeit hatten tollkühne Skifahrer auf der Perchtoldsdorfer Heide ziemlich regelmäßig ihren Heidenspaß. An den Wochenenden kümmerte sich sogar eine Rotkreuzstation um Hobby-Sportler, die es in ihrer Ski- und Rodelbegeisterung zu bunt getrieben hatten.
„Coldspots“ von einst an der Höhenstraße
Auch entlang der Wiener Höhenstraße zählte eine stattliche Schneedecke einst zum Winter-Standard. Im Häuserl am Roan erinnert ein Wimmel-Gemälde aus den 1930er Jahren an die guten alten – weil schneereichen – Zeiten. Kaum zu glauben: Skigesprungen wurde in Wien einst auch! Und zwar am Cobenzl, wo der Wiener Arbeiterturnverein kurz zuvor eine Schanze für die tollkühnen „Adler“ von der Donau errichtet hatte.
Ruckzuck ins Winterwunderland
Wenn Frau Holle einmal eine kufen- und kantentaugliche Unterlage auf den Wienerwald gelegt hat, dann gibt’s nur eins: Raus aus den Federn und kopfüber ins Winterabenteuer gestürzt! Der Schnee schmilzt meist flott dahin. Flott mit den Öffis zu erreichen ist der Schwarzenbergpark in Wien-Hernals. Der Anmarsch über die Schwarzenbergallee gestaltet sich zu einer Ouvertüre in Weiß. Am oberen Ende, schon in Richtung Hameau, erstrecken sich weite Wiesen. Dazu der eine oder andere kleine Hügel, den hinab zu rodeln sich allemal lohnt – das reicht schon für einen perfekten Wintertag! Wer weiß schon, wie lange man auf den nächsten Wintergruß warten muss?
Perchtoldsdorfer Heide: Mit der Straßenbahn 60 zur Endstation Rodaun, der Weg zur Heide ist ausgeschildert.
Schwarzenbergpark: Mit der Straßenbahn 43 zur Endstation nach Neuwaldegg, über die Schwarzenbergalle Richtung Hameau.
Wiener Hütte: Am besten mit dem Auto zu erreichen – Anfahrt über Kaltenleutgeben.