Wiener Panoramalogen mit Patina
Altehrwürdige Aussichtswarten in großer Zahl spicken den Wienerwald. Errichtet zumeist an der Wende zum 20. Jahrhundert, gewähren sie Wanderern bis heute wunderbare Rundumblicke über das gut 1000 Quadratkilometer große Naturparadies vor den Toren Wiens. Und, nicht zu vergessen, sie sind erstklassige Ausflugsziele, wenn es darum, auch in herausfordernden Zeiten einen gelasseneren Blick auf die Dinge zu werfen. Spätestens wenn der Frühling wieder ins Land zieht, sind folgende Panoramalogen rund um Wien eine Eskapade wert. Los geht`s im Norden.
Hadersfeld/Tempelbergwarte:
403 Meter hoch ist der von viel Grün eingerahmte Tempelberg in Hadersfeld nordwestlich der Stadt. Die Bezeichnung geht auf ein Bauwerk zurück, den Fürst Johann I. von Liechtenstein um 1800 als Teil eines romantischen Landschaftsgartens errichten ließ. Der Tempel ist Geschichte, dafür wurde 1908 anlässlich des 60. Thronjubiläums von Kaiser Franz Joseph die Tempelbergwarte gebaut. Mit ihrem dicken Gemäuer erscheint sie wie ein trutziger Wächter auf diesem Ausläufer der Alpen. Von der Plattform aus liegt einem das halbe Tullnerfeld zu Füßen. Durch dieses bezaubernde Landschaftsmosaik aus wogenden Getreidefeldern, Wiesen und Wäldern strömt als glitzerndes Band die Donau (siehe oben). Auf einem Felssporn im Norden thront Burg Greifenstein. An Grandezza werden die beiden Bauwerke vielleicht noch getoppt vom Ötscher, der bei guten Wetterverhältnissen am Horizont grüßt.
Wandertipp: Maria Gugging – Redlingerhütte – Hadersfeld – Kritzendorf.
Lainzer Tiergarten/Hubertuswarte:
Mit 508 Metern ist der Kaltbründlberg im Lainzer Tiergarten – das wissen nicht viele –der höchste Punkt des 13. Wiener Gemeindebezirks. Die langgezogene Kuppe nennt auch eine romantische Aussichtswarte ihr Eigen. Von der Ferne aus ist die 1937 errichtete Hubertuswarte aus dem Meer an Bäumen kaum zu erkennen. Das mag mit ein Grund sein, warum sich verhältnismäßig wenige Wanderer hier einfinden. Dabei lohnt sich die Besichtigung allemal. Sind erst die 122 Stufen bewältigt, präsentiert sich dem Auge ein grüner Landschaftsbogen zwischen Kahlenberg im Norden und Anninger südlich von Wien. Wald, wohin das Auge schweift. Namensgeber des wehrturmartigen Bauwerks ist der hl. Hubertus, Schutzpatron der Jäger, die in dem bis 1919 den Habsburgern vorbehaltenen Halali-Revier stets genug zu tun hatten.
Wandertipp: Wien-Hütteldorf – Nikolaitor – Rohrhaus – Hubertuswarte – Hirschgstemm.
Höllenstein/Julien-Turm:
Kaltenleutgeben südwestlich von Wien ist Ausgangspunkt für den Gipfelsturm auf den Höllenstein – die Tour ist nicht gerade höllisch anstrengend, aber immerhin sind gut 300 Höhenmeter zu bewältigen. Nicht schlecht für Wiener Verhältnisse. Zu einem beliebten Ausflugsziel wird der 645 Meter hohe Höllenstein auch durch das moderne Schutzhaus der Naturfreunde. Nach einem Brand im Jahr 2009 neu errichtet, bietet es in luftiger Atmosphäre Klassiker der Hütten-Kulinarik. An seine Seite lehnt sich der Julien-Turm – ein Veteran unter den Aussichtswarten mit Baujahr 1880, 1896 aufgepeppt und mittlerweile etwas bröckelig geworden. Da der Gipfel bewaldet ist, bringen die zehn Extra-Meter zur Aussichtsplattform hinauf doch einen erstaunlichen Mehrwert an Panorama. Das Wiener Becken liegt den Betrachtern zu Füßen, bei klarem Wetter grüßt aus der Ferne Hainburg. Und die Blicke auf Rax und Schneeberg wecken Lust auf eine doch etwas zünftigere Gipfelpartie.
Wandertipp: Kaltenleutgeben/Waldgasse – Höllenstein – retour.
Bad Vöslau/Jubiläumswarte:
Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die schönste im ganzen Land? In Sachen Panoramabauwerke mit Geschichte hat ganz klar die Jubiläums-Warte die Nase vorn, und zwar jene, die sich auf dem Harzberg über Bad Vöslau aus dem Grün des Wienerwalds schraubt. Sie datiert aus dem Jahr 1898; damals feierte der alte Kaiser, der Zeit seines Lebens offenbar jede Menge Huldigungen in Form von Aussichtswarten entgegen nahm, sein 50-jähriges Regierungsjubiläum. Beachtliche 21 Meter misst die zinnenbewehrte Jubiläumswarte von Scheitel bis zur Sohle. Architektonisch stand offenbar ein englisches Tudor-Schlösschen Vorbild. Der Rundumblick verbindet die Hochhäuser der Großstadt mit dem Kalkmassiv des Schneebergs im Süden. Und bei den jungen Gästen beliebt sind die entzückenden Kängurus, die am Schutzhaus zu Füßen der Jubiläumswarte ihr Zuhause gefunden haben.
Wandertipp: Bad Vöslau – Harzberg – Vöslauer Hütte – retour.